Der Weg zur erfolgreichen Customer Experience am Beispiel des Kölner Studierendenwerks
Für den Bau eines neuen Servicehauses stand das Kölner Studierendenwerk vor einer gewaltigen Herausforderung: Wie lassen sich die heterogenen Abteilungen zentralisieren und den Studierenden eine einheitliche und hohe Servicequalität an allen Kontaktpunkten bieten? CONET schuf Transparenz über die Meinungen der Studierenden, führte eine umfangreiche Befragung durch, identifizierte die zentralen Treiber der Customer Experience und entwickelte mit den Stakeholdern in Design-Thinking-Workshops konkrete Lösungsmaßnahmen. All diese Lösungsbausteine fügen sich zu einem nahtlosen, optimalen Kundenerlebnis zusammen und schaffen sowohl bei Studierenden als auch Mitarbeitenden größtmögliche Zufriedenheit im neuen Servicehaus.
Das Kölner Studierendenwerk stellt für über 89.000 Studierende an sieben Kölner Hochschulen die soziale Infrastruktur bereit. Über 600 Mitarbeitende stehen den Studierenden mit Rat und Tat zur Seite, wenn es beispielsweise um die Bewerbung, um einen Wohnheimplatz oder die Beantragung einer BAföG-Unterstützung geht.
Das „Werk“, wie es sich selbst nennt, berät die Studierenden in jeder Lebenslage – egal ob bei Prüfungsangst, Studienstress, Kinderbetreuung oder Lerndefiziten. Das Beratungsangebot umfasst dabei die psychologische Beratung, die Sozialberatung und die Lernberatung. Der vermutlich bekannteste Service des Werks ist jedoch die Gastronomie. In den Mensen, Bistros und Kaffeebars werden jährlich rund 2,5 Millionen Tellergerichte verkauft. Dabei wird auf Nachhaltigkeit, aktuelle Ernährungstrends und Regionalität großen Wert gelegt. Das Kölner Studierendenwerk hat sich zum Ziel gesetzt, mit Flexibilität, Dynamik und Engagement das Leben der Studierenden in Köln leichter zu machen!
Das Servicehaus: Zentrale Anlaufstelle für Studierende
Flexibilität und Dynamik erfordert nun auch das nächste Großprojekt: der Bau eines neuen Servicehauses in nächster Nähe zur Universität zu Köln. Aktuell sind die verschiedenen Beratungsstellen und Abteilungen des Werks dezentral im Kölner Stadtgebiet verteilt. Doch schon bald sollen sie im neuen Servicehaus zentralisiert werden. Ein gewaltiger Umbruch steht bevor! Die einzelnen Abteilungen hatten bislang ihre eigene Struktur, ihre eigene Terminkoordination und ihr eigenes Verständnis vom Kundenservice.
Für die Beantragung von BAföG standen Studierende nicht selten in überfüllten Fluren, wie das Werk selbstkritisch einräumt. Studierende ließen das über sich ergehen. Die Not für finanzielle Unterstützungsleistungen war einfach zu groß. Und doch ist auch dem Werk sehr daran gelegen, die Studierenden zufrieden zu stellen. Sie sollen sich wohlfühlen und das gesamte Angebot des Werks wahrnehmen – nicht nur das Mittagessen in der Mensa für 2,70 Euro. Im Vordergrund steht eine gleichbleibend hohe Servicequalität.
Doch die Herausforderung ist gewaltig! Heterogene Abteilungsstrukturen müssen derart zusammengeführt werden, dass sie sich alle mit ihren Bedürfnissen im neuen Servicehaus wiederfinden und gleichzeitig für die Studierenden ein einheitliches Bild abgeben. Die sogenannte Customer Journey, also der Pfad der Studierenden durch die Serviceprozesse des Werks, muss für jeden Kunden eine gleichbleibend hohe Servicequalität bieten: Egal ob jemand einen BAföG-Antrag nach Schema F stellen oder eine individuelle psychologische Beratung in Anspruch nehmen möchte. Doch nicht nur die Servicequalität, sondern auch das gesamte Erscheinungsbild des Werks, die Atmosphäre, das Ambiente und der Wohlfühlfaktor innerhalb des Gebäudes müssen stimmen. Das Werk soll zukünftig als lebendiger und moderner Ort des Verweilens und der vielfältigen Betreuung wahrgenommen werden.
CONET Business Consultants gestalteten neue Customer Journey
Das Werk ersuchte daher Unterstützung bei der CONET Business Consultants GmbH. Als erfahrener Spezialist im strategischen Bereich „Experience Management“ waren wir uns mit dem Werk schnell darüber einig, dass die Customer Journey neugestaltet werden muss. Diese Neuausrichtung hilft dabei, die Studierenden bei allen Überlegungen ins Zentrum zu setzen. Alle weiteren Prozesse werden an ihnen und ihren Bedürfnissen ausgerichtet. Doch welche Bedürfnisse haben die Studierenden? Was stört sie? Was wünschen sie sich? Um das herauszufinden, führten wir im ersten Schritt eine Studierendenbefragung durch.
Befragung der Studierenden brachte wertvolle Erkenntnisse
Wir entwickelten in Experteninterviews mit den Abteilungsleitern und dem Geschäftsführer des Werks die konkreten Schwerpunkte der Befragung. Anschließend bauten wir die Frage-Items in einer quantitativen Online-Umfrage zusammen. Über 400 Studierende gaben uns nicht nur Feedback über die standardisierten Multiple-Choice-Fragen, sondern nutzten auch die offenen Fragestellungen für überwältigend viele Ideenvorschläge zur konkreten Ausgestaltung des neuen Servicehauses.
In der späteren Ergebnispräsentation stand den Verantwortlichen des Werks bei einigen Erkenntnissen die Überraschung ins Gesicht geschrieben. Sogar die Architektin musste im Anschluss noch Änderungen an der Bau- und Nutzungsplanung vornehmen, um den Erwartungen der Studierenden gerecht zu werden. Der Einwand der Studierenden kam somit aber genau zur rechten Zeit. Das hätte ein unschönes Erwachen gegeben, wenn es wegen Unkenntnis über die Studierendenmeinung schon bei Eröffnung des Gebäudes zu einem großen Fauxpas gekommen und die Zufriedenheit der Studierenden verspielt worden wäre.
Das Werk konnte aus unseren Analysen und dem Ergebnisbericht herauslesen, wie die optimale Customer Journey für die Studierenden aussehen müsste, beginnend mit den bevorzugten Kommunikationskanälen, der Terminplanung bis hin zum Wartebereich und Beratungsservice im Gebäude. Die quantitative Erhebungsmethode ermöglichte uns ein repräsentatives Abbild der Studierendenmeinung. Gleichzeitig war jedoch nicht jede Phase der Customer Journey in aller Detailtiefe aufzudecken. Die Befragung führte uns aber zu den Kerntreibern der Kundenzufriedenheit und „Customer Experience“, die für die weiteren Optimierungsmaßnahmen eine wichtige Grundlage bildeten.
Design-Thinking-Workshops schaffen ein Bewusstsein für die unterschiedlichen Prozesse
Wir wussten nun, worauf wir uns fokussieren mussten. Wir kannten außerdem erste Tendenzen der Studierenden, in welche Richtung sich diese Treiber entwickeln sollten. Im nächsten Schritt setzten wir uns mit Vertretern aus den Abteilungen Beratung, Gastronomie, Wohnen, Finanzen und Unternehmenskommunikation zusammen, die die zentralen Akteure im neuen Servicehaus bilden. In insgesamt vier kreativen Workshops basierend auf der Design-Thinking-Methode, ließen wir die Mitarbeitenden ausführlich zu Wort kommen. Sie berichteten von ihren alltäglichen Problemen bei der Arbeit, von Stolpersteinen, von vermeidbaren Aufwänden, von gravierendem Störfeuer, und wir konfrontierten sie zugleich erneut mit den dazugehörigen Meinungen aus der Studierendenbefragung. Dadurch erreichten wir ein erfolgreiches Zusammenspiel aus Kunden- und Mitarbeiterbedürfnissen, und schufen ein Bewusstsein für die unterschiedlichen Prozesse, die sowohl im Front als auch Back Office stattfinden.
Mitarbeitende als Schlüsselfigur einer zufriedenstellenden Customer Experience
In den Workshops entstanden am Ende konkrete Prototypen, also Lösungskonzepte zur Optimierung der Customer Experience. Diese Lösungen adressieren nun nicht nur die Studierenden, sondern vereinen ebenso die unterschiedlichsten Anforderungen der Mitarbeitenden. Mitarbeitende tragen entscheidend dazu bei, ob die Customer Experience für die Studierenden zufriedenstellend wahrgenommen wird.
Unmotivierte Mitarbeitende treten den Kunden häufig unfreundlich gegenüber, arbeiten langsam, unterbrechen wichtige Workflows, ziehen andere Mitarbeitende in der Stimmung ebenfalls herunter und beeinträchtigen nachhaltig die Servicequalität. Daher war es aus unserer Sicht essenziell – gerade vor dem Hintergrund der Zentralisierung der Abteilungen – den Mitarbeitenden die Entwicklung der Lösungsansätze zu überlassen. Sie müssen von den Lösungen überzeugt sein, um sie später auch mitzutragen und in ihrem Alltag mit Leben zu füllen.
Die Ergebnisse der Workshops waren für alle Beteiligten schließlich ein großer Erfolg: Es entstanden für jede Phase der Customer Journey konkrete Lösungsbausteine, die in Summe ein ganzheitliches Optimierungskonzept umschlossen.
Wir entwickelten z. B. ein zentrales Terminplanungssystem, das den modernen Ansprüchen der Studierenden, aber auch den Herausforderungen der Mitarbeitenden umfassend gerecht wird. Es berücksichtigt eine effiziente Ressourcenplanung, nimmt die Studierenden an die Hand, stellt ihnen ggf. Self-Service-Angebote zur Verfügung und hilft dabei, schnellstmöglich den richtigen Ansprechpartner zu finden und einen Termin buchen zu können.
Beim Betreten des neuen Servicehauses knüpfen die Studierenden an dieses unkomplizierte, positive Erlebnis nahtlos an, indem sie nach einem ausgeklügelten, digitalen Weiterleitungssystem durch das Gebäude geführt werden, sich eine ruhige Minute und einen Kaffee an der Kaffeebar im Eingangsbereich gönnen können, bis sie schließlich digital aufgerufen werden. So können die Studierenden ihre Wartezeit flexibel im gesamten Gebäude verbringen, ohne zwingend Platz im Wartezimmer nehmen zu müssen.
Wartezeit als positives Kundenerlebnis
Doch auch das Wartezimmer ist mitnichten ein Ort des Schreckens, sondern besticht durch eine offene und luftige Gestaltung mit vielen Möbeln und Accessoires, die im Rahmen unseres Workshops genau die Anforderungen der Studierenden berücksichtigen. Zugleich gibt es auch hier digitale Angebote, die den Workflow rund um die Antragsstellung oder andere Dienstleistungen beschleunigen und für die Studierenden angenehmer gestalten.
Aber auch die Wartezeit bedeutet nicht per se eine schlechte Customer Experience. Entscheidend ist, wie man sich beim Warten fühlt. Fühlt es sich besonders lang an, weil ich stur auf eine weiße Wand schauen muss? Kann ich andere Aufgaben erledigen, während ich warte? Ist es für mich nachvollziehbar, nach welchem Schema aufgerufen wird und ich somit zeitnah an der Reihe bin? All diese Aspekte haben wir im jeweiligen Workshop mit einfließen lassen, um auch den Wartebereich zu einem positiven Kundenerlebnis zu entwickeln.
Der After-Sales-Prozess ist die entscheidende Phase der Customer Experience
Zusätzlich gestalteten wir in den Workshops auch Prototypen, die die Phase nach dem Beratungsgespräch adressieren. Mit Verlassen des Servicehauses ist die Customer Journey mitnichten vorbei. Man befindet sich im After-Sales-Prozess, einer ganz entscheidenden Phase der Customer Experience: Die Studierenden warten z. B. auf die Bewilligung oder Ablehnung ihrer Anträge, müssen fehlende Unterlagen einreichen oder möchten dringende Rückfragen stellen. In dieser Phase sind derart negative Kundenerfahrungen möglich, dass die gesamte positive Customer Experience, die zuvor mühevoll von allen Stakeholdern aufgebaut wurde, zunichte gemacht wird. Der Student bekommt z. B. wochenlang keine Rückmeldung, erreicht niemanden bei einem erneuten Anruf oder erfährt gar, dass der Antrag verloren gegangen ist. In den Workshops sind drei Lösungsmaßnahmen ausgearbeitet worden, mit denen derartige negative Erlebnisse vermieden werden.
Feedback-Management-Plattform hilft zentrale KPIs im Blick zu behalten
Ganz entscheidend – und unabhängig von den Ergebnissen der Workshops – ist aus unserer Erfahrung aber auch die Einbindung einer Feedback-Management-Plattform, um die zentralen KPIs der Customer Experience entlang der gesamten Kundenreise im Blick zu behalten. All die Maßnahmen, die im neuen Servicehaus umgesetzt werden, sollten im Anschluss im Hinblick auf Zufriedenheit, Qualität und Einfachheit überprüft werden. Bei einem solchen Feedback-System geht es darum, negative Erlebnisse schnellstmöglich herauszufiltern und zu neutralisieren, d. h. den Betroffenen eine schnelle Lösung anzubieten. Das kann nur dann erfolgen, wenn man den Kunden eine Feedback-Möglichkeit bereitstellt und intern eine Struktur aufbaut, damit das Feedback auch auf kurzem Wege an die richtige Abteilung geleitet wird. Man stelle sich einmal vor, das Servicehaus macht gerade frisch auf, eine gravierende Unzufriedenheit tritt auf, bleibt aber unentdeckt, und nach einigen Wochen fällt es dem Werk dann besonders hart auf die Füße. In der Zwischenzeit hat sich das Defizit fleißig herumgesprochen und das Image ist beschädigt, noch bevor es richtig aufgebaut werden konnte. Genau das gilt es zu vermeiden!
Negative Trends durch Echtzeit-Feedback erkennen
In einem solchen Feedback-System werden daher verschiedene Fragebögen eingerichtet, die entlang der Customer Journey an verschiedenen Kanälen platziert werden und in einem zentralen Dashboard zusammenlaufen. Dank rollenbasierter Dashboards können die Abteilungsleiter das aktuelle Feedback zu ihrer Abteilung in Echtzeit einsehen und negative Trends rechtzeitig erkennen. Gleichzeitig werden negative Feedbacks direkt per Künstlicher Intelligenz vorkategorisiert, priorisiert und an die richtigen Ansprechpartner weitergeleitet. Diese können dann umgehend darauf reagieren und im selben System eine Antwort an den Kunden sowie eine zusätzliche Information an andere Abteilungen übermitteln.
Ein erfolgreiches Customer Experience Management setzt konkrete Handlungen voraus
Im Customer Experience Management reicht es nicht aus, nur Daten und Customer Insights zu erheben, zu analysieren und zu messen. Es müssen auch konkrete Handlungen daraus abgeleitet werden. Das weitergeleitete Feedback muss also schnell beantwortet und gleichzeitig müssen intern Arbeitsschritte in die Wege geleitet werden, die eine Verbesserung der Experience herbeiführen.
Das Kölner Studierendenwerk hat dieses Mindset schon von Beginn an forciert und alle Mitarbeitenden haben mit großem Engagement an der Neuausrichtung der Customer Journey in unseren Workshops mitgearbeitet. Mithilfe der Studierendenbefragung, der Customer Journey Analyse und der Prototypen aus den Design-Thinking-Workshops steht dem Werk nun ein umfangreiches Maßnahmenkonzept zur Verfügung, um die Customer Experience im neuen Servicehaus allumfassend zu optimieren und die Abteilungen erfolgreich zusammenzuführen.
Wir bedanken uns beim Kölner Studierendenwerk für die großartigen Ideenentwicklungen und spannenden Diskussionen und danken darüber hinaus für die vertrauensvolle und gute Zusammenarbeit!