Digitale Verwaltungsdienstleistungen

575 Services, in 35 Lebens- bzw. 17 Unternehmenslagen gegliedert, bis zum Jahr 2022 digitalisieren – dies ist aktuell eine der zentralen Aufgaben der öffentlichen Verwaltung.

Die genannte Zahl an Services leitet sich aus dem Umsetzungskatalog ((https://www.it-planungsrat.de/DE/ITPlanungsrat/OZG-Umsetzung/Digitalisierungsprogramm/06_DigPro_OZG_Katalog/DigPro_OZG_Katalog_node.html))  für das Onlinezugangsgesetz (OZG) ((https://www.onlinezugangsgesetz.de/Webs/OZG/DE/startseite/startseite-node.html))  ab. Dieses sieht vor, dass öffentliche Verwaltungen auf Bundes- und Landesebene (einschließlich Kommunen) ihre Dienstleistungen zukünftig auch elektronisch anbieten. Hieraus ergeben sich für Behörden zahlreiche Herausforderungen und Fragen, von denen ich folgende zwei in diesem Blog diskutieren möchte:

Was sind digitale Verwaltungsdienstleistungen und worin bestehen die größten Herausforderungen bei ihrer Umsetzung? Sowie: Mit welchen Lösungsansätzen kann die Umsetzung von digitalen Verwaltungsdienstleistungen gelingen?

Was sind digitale Verwaltungsdienstlungen?

Die Digitalisierung von Verwaltungen wird häufig mit dem Begriff des E-Governments in Verbindung gebracht. Kern von E-Government ist die Bereitstellung sogenannter E-Public Services – oder elektronischer bzw. digitaler Verwaltungsdienstleistungen. Hierunter versteht man das Produkt, welches der Kunde einer Verwaltung – also Bürger oder Unternehmen – von dieser verlangt oder gemeinsam mit der Behörde erfüllt ((Wimmer, M. A. (2002) ‘Integrated Service Modelling for Online One-stop Government’, Electronic Markets, 12(3), pp. 149–156. doi: 10.1080/101967802320245910)). Die Verwaltungsdienstleistung ist somit das für den Kunden sichtbare Leistungsangebot der Behörde – wohingegen aus deren Sicht eine Verwaltungsdienstleistung interne Leistungserstellungsprozesse bedingt, die das Ziel haben, den angebotenen Service bereitzustellen.

Die für digitale Verwaltungsdienstleistungen notwendige Orientierung am Nutzer geschieht über Lebens- oder Unternehmensereignisse, die einen Bedarf auslösen, Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen. Für Bürger sind dies beispielsweise die Geburt, ein Umzug, die Hochzeit oder ein Sterbefall. Unternehmensereignisse sind unter anderem die Gründung des Unternehmens, eine Änderung der Gesellschaftsform oder der Wechsel des Geschäftssitzes.

Lösungsansätze für Umsetzung von digitalen Verwaltungsdienstleistungen

Lösungsansätze für die Umsetzung von digitalen Verwaltungsdienstleistungen.

Die wichtigsten Herausforderungen und Lösungsansätze

In Praxis und Wissenschaft haben sich eine Reihe wiederkehrender Herausforderungen ergeben, die bei der Digitalisierung von Verwaltungsdienstleistungen zu bewältigen sind. Im Folgenden stelle ich die der Erfahrung nach fünf wichtigsten Herausforderungen sowie unsere Lösungsansätze vor:

  • Der (traditionelle) Organisationsaufbau von Behörden in isolierte Silos erschwert eine prozess- und serviceorientierte Ausrichtung. E-Public Services erfordern Prozesse, die über die Grenzen von Fachbereichen hinweggehen. Durch unklare Verantwortlichkeiten und unterschiedliche Arbeitsweisen in den Fachbereichen sind übergreifende Prozesse häufig schwierig umzusetzen.
    Um dennoch effektive und effiziente Leistungserstellungsprozesse für digitale Verwaltungsdienstleistungen zu ermöglichen, müssen fachbereichsübergreifende Rollen geschaffen (z.B. Service Owner, Process Owner), die Zusammenarbeit strukturell verankert (z.B. durch Gremienbildung), klare Abläufe der und Zuständigkeiten für Teilaktivitäten der Prozesse definiert sowie übergreifende Steuerungsmethoden (z.B. Service- und Prozessmanagement) etabliert werden.
  • Dreh- und Angelpunkt für eine digitale Verwaltung sind ihre Kunden – Bürger, Unternehmen, andere Behörden – und deren Lebens- bzw. Unternehmenssituationen und -ereignisse sowie die daraus resultierende Nachfrage nach bestimmten Services. Daraus ergeben sich Herausforderungen bei der Erkennung des Kundenbedarfs und der daran orientierten Ausrichtung der Verwaltungsdienstleistungen, bei der Auswahl und Bereitstellung moderner, effektiver und für alle zugänglicher Kanäle für die Leistungserbringung sowie beim Angebot über einen zentralen Zugangspunkt.
    Um die Kundenorientierung umzusetzen, sollten bereits beim Service Design Anforderungen der zukünftigen Servicekonsumenten berücksichtigt werden. Eine laufende Kontrolle stellt sicher, dass die Verwaltungsdienstleistungen auf geänderte Nachfrage hin angepasst werden können. Die Kanäle sind zielgruppenorientiert zu wählen und zu gestalten – wobei zu bedenken ist, dass viele Verwaltungsdienstleistungen für alle Bürger nutzbar sein müssen. Dies kann u.a. Erklärungstexte in einfacher Sprache oder ein zusätzliches analoges Angebot der Services erforderlich machen. Die Inanspruchnahme der digitalen Verwaltungsdienstleistungen geschieht über einen zentralen Zugangspunkt (Prinzip des „One-stop government“), der über ein Portal/einen Portalverbund realisiert wird und in dem Konsumenten und Anbieter der Services (virtuell) zusammenkommen.
    Die Qualität der digitalen Verwaltungsleistungen hängt außerdem entscheidend von den Leistungserstellungsprozessen im „Back Office“ der Verwaltung ab. Durch Business Process Management werden effektive und effiziente Prozesse in der Organisation ermöglicht. Weiterhin kann aus dem Reengineering der Leistungserstellungsprozesse ein Impuls auf die Weiterentwicklung vorhandener Strukturen der Aufbauorganisation sowie auf die Überarbeitung von Anforderungsprofilen hinsichtlich eines höheren IT-Knowhow ausgehen.
  • Hieran schließen sich verschiedene Herausforderungen des Datenmanagements an: Services, die sie bereitstellenden Prozesse sowie unterstützende Applikationen arbeiten oftmals nicht mit der gleichen Datenbasis. Vorhandene Daten werden nicht ausreichend genutzt.
    Nur durch das Teilen von Daten mittels eines übergreifenden, gemeinsamen Datenkonzepts (im Kontext der Registermodernisierung) – unter Berücksichtigung von Datenschutzvorgaben – kann das Once-Only-Prinzip für den Zugang zu digitalen Verwaltungsdienstleistungen realisiert werden. Die vorhandenen Daten sollten dabei nicht nur strukturiert gesammelt und verteilt werden – vielmehr muss der „Datenschatz“ aktiviert und durch Business Intelligence Systeme oder Künstliche Intelligenz im Sinne der Organisationsziele genutzt werden.
  • Historisch bedingt herrscht in vielen Verwaltungen eine hohe System- und Anwendungsvielfalt, die geprägt ist von zahlreichen, zum Teil proprietären Altsystemen. Dies führt zu einer komplexen Systemlandschaft, die eine Herausforderung für die Interoperabilität auf technischer und organisatorischer Ebene darstellt und die anstehende IT-Konsolidierung erschwert.
    Um nutzerorientierte und fachbereichsübergreifende Services bereitstellen und die dafür nötigen Prozesse erbringen zu können, ist die Interoperabilität im Back-Office der Verwaltungen und die Vernetzung der Behörden untereinander entscheidend. Hierfür müssen moderne Standards und Schnittstellen geschaffen, Alt-Systeme harmonisiert und die Gesamtlandschaft an IT-Systemen und Applikationen konsequent an den strategischen Vorgaben der Organisation und den Anforderungen der Erbringung digitaler Verwaltungsdienstleistungen ausgerichtet werden.
  • Die Ausbildung und Auswahl vieler Mitarbeiter der Verwaltung ist an Hand der Anforderungen aus klassischen, papier-basierten Vorgängen erfolgt. Die Umstellung auf IT-gestützte, übergreifende Workflows erfordert neuartige Fähigkeiten der an der Leistungserbringung beteiligten Akteure. Eine Organisationskultur, in der die Bereitschaft zum Wandel nicht verankert ist, führt zu einer verlangsamten Adaption der tief in Struktur und Prozesse der Organisation eingreifenden Veränderungen durch die digitale Transformation sowie sich ändernde Kundenbedürfnisse.
    Der Nutzen und Wert sämtlicher Maßnahmen der Verwaltungsdigitalisierung ist gegenüber den Mitarbeitern zu erklären, um diese möglichst „mitzunehmen“. Ohne eine breite Zustimmung sowie eine aktive Einbindung der Mitarbeiter sind die tiefgreifenden Änderungen an Prozessen und Strukturen kaum umzusetzen. Außerdem bedarf es eines gezielten Change-Managements, um den Wandel in der Verwaltung zu steuern, zu koordinieren und um eine Ausrichtung an den übergeordneten Organisationszielen sicherzustellen. Weiterhin sind geeignete Schulungsmaßnahmen durchzuführen, um die Mitarbeiter auf die neuen Anforderungen vorzubereiten.

In Zukunft werden wir in weiteren Blog-Beiträgen die in diesem Artikel umrissenen Herausforderungen und unsere Lösungen im Kontext der Umsetzung von digitalen Verwaltungsdienstleistungen im Detail vorstellen.

Fazit

So drängend die durch das OZG eingeforderte Digitalisierung der Verwaltungsdienstleistungen ist und so komplex viele Herausforderungen sind –Praxis und Wissenschaft liefern bereits funktionierende und fundierte Ansätze und Methoden für die erfolgreiche Umsetzung von digitalen Verwaltungsdienstleistungen. CONET ist hierbei Ihr kompetenter Partner und Begleiter und bietet zu allen relevanten Aufgabenbereichen hohe Expertise und Erfahrung.

Wenn Sie Fragen zu unseren Leistungen haben oder für Ihre Behörde konkrete Unterstützung suchen, kontaktieren Sie uns jederzeit gerne. Wir werden mit Ihnen gemeinsam besprechen, mit welchen Leistungen CONET Sie in Ihrem Projekt begleiten kann.

Über den Autor

Ehemaliger Projektleiter bei CONET Solutions GmbH | Beiträge

Martin Czerwick ist Master of Science in Wirtschaftsinformatik und arbeitete ab dem Jahr 2015 für die CONET Solutions GmbH. Er war Projektleiter und Berater mit den Themenschwerpunkten Enterprise Architecture Management und E-Government.

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