Social Media & Social Communication im Kundenkontakt
Das Wachstum der sozialen Netzwerke und mit ihr der “Social Communication” ist ungebrochen. Und allen Unkenrufen zum Trotz, dass es nicht trendig und insbesondere bei der jungen Generation auf dem absteigenden Ast sei, hält Facebook sich mit 1,65 Milliarden monatlich aktiven Nutzern weiter unangefochten an der Spitze. Für Unternehmen und Werbetreibende ist es zudem insbesondere deshalb interessant, weil Facebook mehr Daten über seine Nutzer sammelt als alle anderen Plattformen und daher die zielgruppengenaue Platzierung von Botschaften ermöglicht. Zusammen mit dem ebenfalls zum Facebook-Medienimperium gehörenden WhatsApp spielt sich bis heute trotz aller oft zitierten Datenschutzbedenken der Haupt-Traffik der sozialen Interaktion in Mark Zuckerbergs Vorgarten ab.
Bei den Verfolgern wie beispielsweise Instagram, als Foto- und Video-Plattform mit mehr als 400 Millionen Nutzern, ist auch seit dem vergangenen Jahr eine zielgruppengenaue Ansprache möglich und in der Regel sind Instagram-Nutzer deutlich interaktiver als etwa bei Facebook. Twitter hat sich bis heute in Deutschland nicht so erfolgreich durchsetzen können wie in zahlreichen anderen Ländern, insbesondere aber im Zuge von Kampagnen oder Events bietet die konsequente Platzierung und Nutzung entsprechender #-Hashtags die Chance auf stark wachsende Reichweiten, da vor allem Multiplikatoren wie Journalisten und Blogger hier überdurchschnittlich aktiv sind. Weitere Dienste wie Pinterest als digitale Pinnwand, auf der Nutzer und Anbieter nach Interessen und Themen sortierte Bilder- und damit Linksammlungen anlegen, oder Snapchat als Instant Messenger für Bilder und Videos, die sich nach kurzer Zeit selbst wieder löschen, füllen den Wunsch nach weiteren Kommunikations- und Interaktionsplattformen. Google+ schließlich fristet nach anfänglicher Euphorie inzwischen ein Schattendasein als Netzwerk, bleibt aber für die Platzierung von Inhalten in den Google-Suchergebnissen nicht zu unterschätzen.
Social Media als Service- und Dialogplattformen
Die Sozialen Medien aber lediglich als einen weiteren Kanal bei der Kundenansprache und Kundenkommunikation im Sinne von Werbung zu verstehen, einfache Botschaften nur in eine Richtung zu senden und fleißig Reichweiten und Klickzahlen zu zählen, greift zu kurz. Immer mehr rücken die verschiedenen sozialen Netzwerke nach einer frühen Nutzung in den anglo-amerikanischen Ländern auch in Deutschland in den Fokus des direkten Kundenkontakts, des Service und des Dialogs im Sinne einer Social Communication. Unzufriedene Nutzer machen sich hier – dank der scheinbaren Anonymität der Plattformen im Gegensatz zu einer direkten 1:1-Kommunikation – häufiger, spontaner und deutlicher Luft. Aber auch klassische Service-Anfragen landen immer öfter in den Timelines und Feeds der sozialen Medien statt in der Telefon-Hotline oder den E-Mail-Postfächern.
Dabei wachsen auch die Ansprüche der Anwender. Auf einen Brief oder ein Fax erwartet in der Regel niemand eine Antwort über Nacht. Bei E-Mails sinkt die Toleranzschwelle zwar, aber auch hier ist eine Antwort am folgenden Arbeitstag meist noch akzeptabel. Und von automatischen Antwortsystemen und Telefon-Hotlines sind Nutzer – so traurig es klingt – beinah schon Kummer gewohnt. Wie es jeder Besitzer eines Smartphones aber aus dem privaten Umfeld kennt, werden hier Antworten fast umgehend erwartet. Genügten im SMS-Austausch noch einige Stunden für eine Antwort, ist – das impliziert schon der Name – bei Instant Messaging schon eine halbe Stunde später mit ungeduldigen Nachfragen zu rechnen.
Gesteigerte Erwartungen – erweitere Öffentlichkeit
Diese Erwartungshaltung erhält dann noch eine besondere Dimension, wenn der Dialog nicht nur geschlossen zwischen Sender und Empfänger stattfindet, sondern in sozialen Medien öffentlich geführt wird. Erfolgt hier keine zeitnahe Reaktion auf einen kritischen Kommentar, kann sich die Situation schnell verschärfen und im schlimmsten Fall aus dem Ruder laufen. Bei aller Kritikalität für das Image und den entsprechenden Risiken liegt hier allerdings zugleich eine große Chance, sich positiv gegenüber dem Wettbewerb zu platzieren. Oft genannte Beispiele wie der Twitter-Account der Bahn oder auch die Facebook-Plattform der Bundesregierung machen vor, wie digitaler Dialog im Social-Media-Zeitalter sowohl unterhaltsam als auch öffentlichkeitswirksam und Service-orientiert ablaufen kann. Schon aus dem „klassischen“ Kunden-Service ist bekannt, dass ein unzufriedener Kunde, der aktiv wird und daraufhin einen hervorragenden Service erfährt, meist sogar ein stärker gebundener Kunde wird als ein stets lediglich passiv zufriedener Kunde.
Ein weiterer Aspekt ist die Umkehrung der klassischen Kommunikationsrichting. Im traditionellen B2C (Business-to-Consumer) wendet sich ein Anbieter als Absender an viele Kunden gleichzeitig. Dass sich diese reine Sender-Empfänger-Beziehung zunehmend zu einem Dialog entwickelt beziehungsweise entwickeln muss, ist begründet durch die bereits angerissenen Service-Aspekte nachvollziehbar. Das gesamte Beziehungsgefüge aber kehrt sich in immer mehr Fällen auch gänzlich um und wird zu einem C2B-Ansatz (Consumer-to-Business). Eine zentrale Plattform für Social Communication bietet hier die Chance für den Kunden, seinen Bedarf mit vielen bevorzugten Anbietern zu decken. Handwerksplattformen wie myHammer haben hier eine Vorreiterrolle eingenommen, aber auch für Unternehmen und Behörden bietet sich hier die Chance, über neue, übergreifende Einstiegsportale einen zentralen Einstiegs- und Service-Punkt für mehr Kundennähe in einer zunehmend digitalen Welt zu schaffen und damit gleichzeitig Kundenakquise, Kunden-Service und Kundenbindung zu fördern.
Neue Technologien, neue Strukturen und neue Methoden der Social Communication
Um all diesen Ansprüchen hinsichtlich kurzen Reaktions- und Antwortzeiten bei gleichzeitiger Rechtssicherheit und Datenschutzkonformität gerecht zu werden und diese Chancen nutzen zu können, benötigen Unternehmen und Organisationen neue Technologien, neue Strukturen und neue Methoden. Ebenso wie Kunden soziale Netzwerke und Medien nutzen, sind Social Business Tools dabei für die Anbieterseite eine wertvolle Unterstützung. Und dies nicht nur im Kundenkontakt, sondern gleichzeitig in so unterschiedlichen Bereichen wie Wissensmanagement, Projektarbeit und Unternehmenssteuerung. Social Intranets bringen das beste der beiden Welten „Intranet/Portal“ und „Social Media“ zusammen.
Beinahe alle großen Software-Anbieter haben entsprechende Lösungen im Gepäck, beispielhaft seien hier Microsoft mit Lync (erweitert um Skype for Business), SharePoint und Office 365, der CRM-Riese Salesforce mit Chatter, IBM mit Connections oder Novell (heute Teil von Micro Focus) mit Vibe genannt. Alle derartigen Lösungen haben gemeinsam, dass sie abteilungs- und projektübergreifend bislang verteiltes Wissen bündeln, einfachen Zugang zu Kunden- und Projektdaten bieten, schnelle Interaktion ermöglichen und Spezialisten in virtuellen Projektarbeitsräumen zusammenbringen.
Service-Mitarbeiter können bei Anfragen auf das gesamt Organisations-Know-how und die aktuellsten Informationen zugreifen, über interne Experten-Pools mit entsprechenden Fachprofilen schnell geeignete Anprechpartner finden, Fragen stellen, Diskussionen starten und kommentieren. Gleichzeitig wird der Compliance Rechnung getragen, indem alle Unterhaltungen automatisch rechtssicher dokumentiert werden und entsprechende Rechte- und Rollenkonzepte für die Einhaltung von Datenschutz sorgen.
Doch die passende Technologie bleibt wie immer nur das Mittel zum Zweck. Entscheidend ist, dass auch in den eigenen Strukturen und Hierarchien ein Umdenken einsetzen muss. Social Collaboration funktioniert nicht klassisch hierarchisch, sondern vielmehr lateral über alle Abteilungs- und Fachgrenzen hinweg. Führung wandelt sich von Auftrag und Ausführung hin zur Schaffung optimaler Rahmenbedingungen, die eine möglichst effektive Aufgabenerfüllung seitens der Mitarbeiterschaft ermöglichen. Die befürchteten Risiken eines Kontrollverlustes werden in der Praxis von gesteigerter Effizienz, erhöhter Eigenverantwortung, Mitarbeiterzufriedenheit und damit einhergehender gesteigerter Leistungsbereitschaft leicht in den Schatten gestellt.
Eine schöne neue Welt?
Nicht über Nacht und nicht ohne entsprechende Anstrengungen. Aber eine digitale Welt voller neuer Chancen, die ergriffen und erschlossen werden wollen, um sowohl die Zusammenarbeit als auch den Kundenkontakt ins digitale Zeitalter zu führen.
Autor:
Hendrik Vogel betreut bei CONET den Vertrieb zukunftsweisender Collaboration- und ECM-Lösungen. Nach dem Studium der Informatik hatte er 1993 die Infoflex GmbH mit Schwerpunkten in der Software-Entwicklung von ECM-Lösungen für vorlagenbasierte Schriftguterstellung und Output Management in Industrie, Banken und KMU gegründet, die 2011 ein Geschäftsbereich von CONET wurde.
Dieser Beitrag ist als Kapitel 5.6 auch Teil des aktuellen BITKOM-Whitepaper „Trends im Output Management“, das über die BITKOM-Homepage unter https://www.bitkom.org/Bitkom/Publikationen/Trends-im-Output-Management.html kostenfrei heruntergeladen werden kann.
Zunächst erschien er zudem flankierend zu den 12. Stuttgarter Wissensmanagement-Tagen der Zeitschrift wissensmanagement im Bereich “Fachbeiträge” der Veranstaltungsseiten unter http://www.wima-tage.de/index.php?id=2370
Über den Autor
Simon Vieth ist der Pressesprecher bei CONET. Ursprünglich Historiker und freier Redakteur, wechselte er schon vor fast 25 Jahren die Schreibtischseite und kümmert sich derzeit im Schwerpunkt um die Öffentlichkeitsarbeit und die Social-Media-Auftritte bei CONET.